(c) Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Simon will return to the Vienna State Opera in autumn 2022 to sing four performances of Rigoletto, one of Verdi's greatest operas.
"Staatsoper: Ein Rigoletto, den man nicht vergisst
Simon Keenlyside beeindruckte in der Wiederaufnahme am Samstag.
Es war eine Premiere, die Opernfreunden lang in Erinnerung blieb: Simon Keenlyside hatte 2014 Verdis „Rigoletto“ nur im ersten und zweiten Akt gesungen, musste sich im dritten ersetzen lassen. Am Samstagabend aber konnte man ihn durchgehend als jenes waidwunde Tier erleben, als das er Verdis Titelheld interpretiert. Durch seine subtile Gestaltung machte er sichtbar, dass Rigoletto ein Trauma hinter sich hat und ein gebrochener Mann ist – nicht erst, nachdem ihm die Tochter geraubt wird.
Die Angst und das Grauen vor dem, was um ihn abläuft, war ihm ins Gesicht und in die Klangfarbe der Stimme geschrieben, die er wohldosiert und niemals kraftstrotzend einsetzte. Vielmehr konzentrierte er sich auf feine Schattierungen, die die Seelenqual und den Vergeltungswillen des Hofnarren umso bedrückender machten."
An Unforgettable Rigoletto
"Simon Keenlyside impressed in the revival on Saturday.
It was an opening night long remembered by opera lovers: in 2014 Simon Keenlyside sang only Acts 1 and 2 of Verdi’s Rigoletto and had to be replaced in the third Act. On Saturday evening, however, he could be seen in his complete performance as the wounded animal that is his interpretation of Verdi's eponymous hero. He made it clear through his subtle performance that Rigoletto has been traumatised in the past and is already a broken man – not only as a result of his daughter's abduction.
The fear and horror of what was going on around him was written on his face and in the colours of his voice, which he used in a well-measured manner and never too vigorously. Instead, he concentrated on subtle nuances which made the court jester's anguish and desire for revenge all the more oppressive."
"La maledizione (Der Fluch) lautete der Arbeitstitel der Oper, als Verdi sich mit dem Stoff zu beschäftigen begann. Seit bei der Premiere der Rigoletto-Neuinszenierung 2014 Simon Keenlyside in der Titelrolle krankheitshalber derart indisponiert war, dass er am Ende des 2. Akts durch Paolo Rumetz ausgetauscht werden musste, hält sich das Gerücht, dass ein verhängnisvoller Fluch auch auf dieser Wiener Produktion liegen müsse. Erst im vergangenen März vermutete ein Online-Kritikerkollege scherzhaft, angesichts einer Unmenge von Umbesetzungen infolge von Corona, dass dieser Fluch wohl noch immer sein Unwesen treibe. Nun kann endlich Entwarnung gegeben werden: Der Bann ist gebrochen. Was in der jüngsten Aufführung geboten wird, ist von hohem Niveau, vor allem gesanglich. Nur die Inszenierung (von Pierre Audi) und das triste Bühnenbild (von Christof Hetzer) bleiben weiter ein Ärgernis, von das Wiener Publikum leider wohl noch lange gequält werden wird. Das ist aber keinem Fluch geschuldet, sondern einfach einer total misslungenen Umsetzung. Darstellerisch holen die Akteure das Maximum heraus, das unter den gegebenen Umständen möglich ist, und wissen auch so zu begeistern und zu berühren. Nicht auszudenken, zu welchen Leistungen sie in einer angemesseneren szenischen Umsetzung imstande wären......
Simon Keenlyside als buckelloser, nur dezent hinkender Rigoletto gestaltet die tragische, von innerer Zerrissenheit und sozialer Ausgegrenztheit geprägte Figur des unglückseligen Hofnarren mit viel Einfühlvermögen und hebt sich mit seiner schlanken Gestalt vom gewohnten Rigoletto-Bild wohltuend ab. Ein ungeliebter, zynischer Außenseiter, dem – von seiner Tochter abgesehen – kaum mit Sympathie begegnet wird, dessen hartes Schicksal dann aber doch berührt. Packend, hochdramatisch seine Reaktionen auf die Entführung und Schändung Gildas, seine verbitterte, verzweifelte Arie im zweiten Akt wird zu einem Höhepunkt der Oper. Der dritte Akt ist ganz auf ihn fokussiert. Keenlysides Rigoletto ist eine Bereicherung der derzeitigen Garde an Rigoletto-Darstellern, ganz an die imponierende Gestaltung etwa eines Ludovic Tezier kommt er aber nicht heran.."
"La maledizione (The Curse) was the working title of the opera when Verdi began working on the subject. Ever since Simon Keenlyside was so unwell in the title role at the opening night of the new Rigoletto production in 2014 that he had to be replaced by Paolo Rumetz at the end of the second Act, the rumour has persisted that a disastrous curse must also lie on this Viennese production. It was only last March that a fellow online critic jokingly assumed that this curse was still up to mischief in view of the multitude of changes in the cast as a result of Covid. Now the all-clear can finally be given: the ban is broken. The latest performance was of a high standard, especially vocally. Only the staging (by Pierre Audi) and the dreary stage design (by Christof Hetzer) remain a nuisance, which unfortunately will probably continue to torment the Viennese audience for a long time to come. But this is not due to a curse, but simply to a totally unsuccessful implementation. The protagonists bring out the maximum that is possible given the circumstances, and they also know how to thrill and touch the audience. It is hard to imagine what performances they would be capable of in a more appropriate staging....
Simon Keenlyside, playing Rigoletto without a hump and only a slight limp, creates the tragic figure of the unfortunate court jester, shaped by inner turmoil and social exclusion, with great sensitivity and he stands out favourably from the usual Rigoletto image with his slim figure. An unloved, cynical outsider who - apart from his daughter – nobody meets with sympathy, but whose hard fate nonetheless touches us. Gripping, and highly dramatic, his reaction to the abduction and rape of Gilda makes his bitter, desperate aria in the second act one of the high points of the opera. The third act is entirely focused on him. Keenlyside's Rigoletto enriches the current guard of Rigoletto performers, but does not quite reach the impressive performance of a Ludovic Tezier, for example."
"...Bernheim maßgeblich zur Seite stehen zwei Mitglieder der Urbesetzung dieser knapp acht Jahre alten Inszenierung von Pierre Audi: Erin Morley als Gilda und Simon Keenlyside in der Titelpartie.
Keenlyside, schon während der Ouvertüre als Gebeugter, Gerichteter und sodann drohend Entschlossener zu sehen, stattet seinen Rigoletto mit enormer Stimmgewalt und vielgesichtiger Spielfreude aus. Allein das Entsetzen angesichts des Todes der Tochter könnte etwas ausgeprägter sein...."
"..Bernheim is supported by two members of the original cast of this eight year old production: Erin Morley as Gilda and Simon Keenlyside as Rigoletto.
Keenlyside, who is already seen during the overture as crouching, judged and later threateningly determined, equips his Rigoletto with huge vocal power and a multi-faceted delight in acting. Only his horror on seeing his murdered daughter could be a little more pronounced..."
"In der Premiere von Giuseppe Verdis „Rigoletto“ im Dezember 2014 musste Simon Keenlyside in der Titelpartie wegen einer Indisposition während der Vorstellung durch Paolo Rumetz ersetzt werden. Während andere Sänger wohl für alle Zeiten einen Bogen um diese Produktion gemacht hätten, nahm sich Simon Keenlyside vor – möglicherweise auch um das Trauma zu verarbeiten – es noch einmal probieren zu wollen. Und er gewann auf voller Länge. Nachdem er bereits 2013 an der Wiener Staatsoper in der alten Inszenierung von Sandro Sequi den Rigoletto gesungen hatte, gestaltete er nun neun Jahre später nochmals den Titelhelden und beeindruckte sowohl darstellerisch als auch stimmlich mehr als damals. Keenlyside liegen ja schwierige Charaktere ganz besonders und auch hier überwältigt er mit einer vielschichtigen Palette. Er ist nicht nur liebender Vater, sondern vor allem ein seelisch tief verletzter Mensch, in dem auch viele böse Charaktereigenschaften schlummern. Nach oben hin buckelt er, nach unten hin tritt er – ohne Rücksicht auf Verluste. (Im Gegensatz zur Premiere tritt er nun nicht mehr mit nacktem Oberkörper auf.) Stimmlich beeindruckt er vor allem mit enormer Stimmkraft und bombensicheren Höhen..."
"...At the opening night of Verdi's Rigoletto in December 2014 Simon Keenlyside had to be replaced by Paolo Rumetz during the performance due to an indisposition. Whilst other singers would have given the production a wide berth for ever, Simon Keenlyside decided – perhaps to exorcise the trauma – to want to try again. And he succeeded completely. After already singing Rigoletto in the Vienna State Opera’s 2013 production by Sandro Sequi, he took up the title role again nine years later and impressed both vocally and dramatically even more than on the previous occasion. Complex characters particularly suit Keenlyside and here too he overwhelms with a multi-layered palette. He is not only a loving father, but above all a deeply emotionally wounded human being, who harbours many bad character traits just below the surface. He does everything he is told to do by his superiors and then kicks out at those inferior to him – regardless of the consequences. (In contrast to the opening night, he does not appear bare-chested). Vocally he impresses particularly with huge power of voice and unshakeable high notes...."
"Die aktuelle Rigoletto-Serie an der Wiener Staatsoper gibt den Besuchern die Gelegenheit nun endlich Simon Keenlyside mit seiner Interpretation der Titelrolle in der Pierre-Audi-Produktion zur Gänze sehen zu können. Als diese 2014 aus der Taufe gehoben wurde, zwangen Stimmprobleme den britischen Bariton die Premierenvorstellung nach dem zweiten Akt abzubrechen. Er konnte auch keine der Folgevorstellungen mehr übernehmen. Es sei angemerkt, dass das Wiener Opernpublikum Keenlyside natürlich schon im Jahre 2013 in der Vorgängerproduktion als Rigoletto erleben konnte.
Nun hat man mit Keenlyside die Möglichkeit die Rolle so zu sehen wie sie seinerzeit von Pierre Audi erdacht worden war.
Dieser Rigoletto ist nicht nur einfach ein Hofnarr mit körperlichen Einschränkungen, nein, bei Audi ist Rigoletto auch eine psychisch geschundene Figur, die – durch all die Hänseleien und Schikanen der Günstlinge am Hof des Herzogs – auch mit einem ausgeprägten seelischen Leid zu kämpfen hat.
Es fällt auf, dass Keenlyside’s Bariton zuletzt deutlich markanter, kräftiger und dramatischer geworden ist, was seiner vokalen Rollengestaltung natürlich zu Gute kommt. Rigoletto’s Ausbrüche erklingen imposant und verfügen über ausreichend dramatisches Volumen, wobei Keenlyside stimmlich gerade hier mit Fortdauer der Aufführung immer noch etwas nachlegen kann. Doch sind es die zärtlichen Momente die ihm ganz besonders gut gelingen. So beispielsweise das erste Duett mit seiner Tochter Gilda, bei dem er berührendsten Schmelz bei Piangi, fanciulla, piangi verströmt.
Darstellerisch ist der Rigoletto des österreichischen Kammersängers aber ein absolutes Meisterstück! Schon beim musikalischen Vorspiel zum ersten Akt steht er auf der Bühne und lässt als Rigoletto einen stummen, schmerzverzerrten Schrei erkennen.
Zum einen ist dieser Hofnarr ein verbitterter Zyniker, der vor lauter Angst um seine Tochter zum Psychotiker mutiert, aber er ist gleichzeitig auch der liebevollste und zärtlichste Vater.
Der von der britischen Monarchie zum Sir geadelte Bariton ist zudem wendig und gelenkig wie eh und je – das Älterwerden scheint ihm nichts anzuhaben – und so hat er kein Problem auf Leitern hochzuklettern und auf diesen zu hängen oder über Treppen zu springen.
Unglaublich berührend und ergreifend ist, als er die letzten Phrasen der Arie Cortigiani, vil razza dannata auf dem Boden liegend singt, spielt und „durchleidet“.
Als seine Tochter dann am Ende in seinen Armen stirbt gleitet er mit ihr seitlich zu Boden. Man hat das Gefühl Rigoletto legt sich zu ihr, um an ihrer Seite auch gleich zu sterben. Ähnlich wie man es von Quasimodo kennt, der sich zur toten Esmeralda legt und stirbt. Ein ergreifender Schluss!
Das Warten auf Keenlyside’s Rigoletto hat sich wahrlich gelohnt. Er erreicht eine darstellerische Tiefe die in dieser Rolle derzeit wohl konkurrenzlos ist.....
Es gibt bereits während der Vorstellung immer wieder Szenenapplaus des zufriedenen Publikums und am Ende natürlich besonders viel Jubel für Keenlyside, Bernheim und Morley.
Eine Rigoletto-Vorstellung wie man sie sich nur wünschen kann!"
"In the current series of Rigoletto performances at the Vienna Staatsoper, the audience at last gets to see Simon Keenlyside in his full interpretation of the role in the Pierre Audi production. When the production was premiered in 2014, Simon Keenlyside was forced to cancel the opening night performance after the second act, due to vocal problems. Nor was he able to take on any of the following performances of the run. It should be noted that the Vienna audience was of course able to experience Simon Keenlyside's Rigoletto in the previous production in 2013.
Now with Keenlyside we have the chance to see the role as it was originally conceived by Pierre Audi.
This Rigoletto is not just a court jester with physical limitations. No - Audi shows Rigoletto as a psychologically oppressed figure who - due to all the teasing and harassments by the favourites at the court of the duke - is also enduring pronounced emotional distress.
It is noticeable that Keenlyside's baritone has recently become more distinctively powerful and dramatic, which of course benefits his vocal role design. Rigoletto's outbursts sound impressive and possess enough dramatic volume, yet Keenlyside still has enough resources to add something extra as the performance progresses. But it is the tender moments that he manages best - for example in the first duet with his daughter Gilda in which he exudes the most touching melt in "Piangi, fanciulla, piangi".
In performance, the Austrian Kammersänger’s Rigoletto is an absolute masterpiece! He is already on stage during the prelude to the first act and, as Rigoletto, reveals a silent, pain-distorted scream.
On one hand this Rigoletto is an embittered cynic who mutates into a psychotic because of fear for his daughter, but on the other hand he is a loving and tender father.
The baritone, who was knighted by the British monarchy, is also as agile and flexible as ever - ageing does not bother him - so he has no problems climbing ladders, hanging on them or jumping down stairs.
He sings the last phrases of his "Cortigiani" aria lying on the floor, acting and "enduring" it in a way which is unbelievingly touching and moving.
When at the end his daughter dies in his arms, he slides sideways with her to the ground. You feel that Rigoletto is lying down with her to die alongside her. Similar to Quasimodo who lay down next to the dead Esmerallda and died too. A haunting ending.
Keenlyside's Rigoletto was well worth waiting for. He achieves a dramatic depth which is currently unrivalled in this role…
There was already frequent applause from a satisfied audience during the performance and at the end, of course, a lot of cheering, especially for Keenlyside, Bernheim and Morley.
A Rigoletto performance exactly as you would wish it to be!"